Fränkische Nachrichten, Tauberbischofsheim
vom 26.01.2000:
Freibad in Buch steht nun endgültig vor dem Aus
Der Gemeinderat lehnte Sanierung ab
Neun Ratsmitglieder dagegen, fünf dafür / Klaus Häffner stimmte gegen eigenen Antrag
Ahorn.
Das Schicksal des Freibads Buch ist besiegelt. Mit 9:5-Stimmen lehnte der Ahorner Gemeinderat in geheimer
Abstimmung eine Sanierung der öffentlichen Einrichtung grundsätzlich ab. Weder ein Konzept für 1,71 Millionen
Mark vom Förderverein noch eine abgespeckte Version von Bürgermeister Elmar Haas für rund 330000 Mark
kommen dadurch zum Tragen. Für das Schwimmbad bedeutet dies über kurz oder lang das Aus, denn nur durch
eine Sanierung könnte es den Sicherheits- und Gesundheitsbestimmungen entsprechen. Die Enttäuschung und
Entrüstung bei den Einwohnern und Gemeinderäten aus Buch war groß. ,,Das Bürgerengagement wurde durch diese
Entscheidung mit Füßen getreten", kommentierte Peter Kernwein das Ergebnis. Damit brachte er auf den Punkt,
was die zahlreich anwesenden Befürworter des Förderveins empfanden.
Im Vorfeld war klar, dass der Vorentwurf der Fachfirma Vedewa von 1,9 Millionen Mark für die Gemeinde Ahorn
nicht finanzierbar ist. Der Förderverein Schwimmbad Ahorn hatte sich mächtig ins Zeug gelegt, umfangreiche
Feldforschung betrieben. ,,Wir sind den Vorschlag der Vedewa Punkt für Punkt durchgegangen, haben mit Firmen
und Fachleuten gesprochen und uns Kostenvoranschläge geben lassen", erläuterte Vorsitzender Werner Frank.
Das ergab schließlich eine Kosten-schätzung für die Sanierung, die weit unter dem Ergebnis der Vedewa lag.
Der Förderverein legte ein Konzept vor, das rund 1,1 Millionen Mark gekostet hätte und eine
Komplettsanierung beinhaltete.
Version des Fördervereins
Der Kalkulation des Fördervereins liegen Gesamtkosten von 1,13 Millionen Mark für die Maßnahme zu Grunde.
Für diese Summe, so Frank, sollen Mittel aus dem Ausgleichsstock beantragt werden. Der Förderverein gehe
von einer 60-prozentigen Förderung aus, so dass rund 600 000 Mark aus Stuttgart nach Ahorn fließen würden.
Somit blieben noch rund 500 000 Mark zu finanzieren. Davon, so Frank, erbringe der Förderverein durch
Spenden und Eigenleistung rund 100 000 Mark, so dass noch rund 400 000 Mark übrig blieben, die aus der
Gemeindekasse zu finanzieren sind. Zudem könne man noch versuchen, eine Mehrwertsteuerberfreiung zu
erwirken,'die weitere 160 000 Mark einsparen würde. ,,Die Gemeinde sollte sich das große Engagement
der Bürger zu Nutzen machen und nicht dagegen agieren", appelierte Frank abschließend an den Gemeinderat
die Variante des Fördervereins zu unterstützen.
Buchs Ortsvorsteher Peter Kernwein plädierte ebenfalls für die Variante des Fördervereins: "Der Ortschaftsrat
hat einstimmig empfohlen, den Kostenentwurf des Fördervereins weiter zu verfolgen." Zumal ein Bürger sich
bereit erklärt habe; die Feinpianung, die zwischen 20.000 und 30.000 Mark kosten würde, aus eigener Tasche
zu bezahlen. ,,Wir vergeben uns nichts, bezahlen keine müde Mark für Planung und Ausschreibung, so dass wir
zumindest konkrete Zahlen einholen sollten." Sollten dann immer noch 400 000 Mark Kosten auf die Gemeinde
zukommen, könnte man die Maßnahme in Angriff nehmen. Der Bürgermeister habe schließlich gesagt, bis zu
400 000 Mark könnte die Gemeinde finanzieren. Sollten jedoch die Kosten höher liegen, wäre die Sache vom
Tisch, würde sogar er gegen eine Sanierung stimmen.
,,Der Vorschlag des Fördervereins birgt ein gewisses Risiko", trat Bürgermeister Elmar Haas auf die
Euphoriebremse und korrigierte einige Aussagen. ,,Schwimmbäder stehen nicht auf der Förderliste beim
Ausgleichsstock", warnte er vor zu großen Hoffnungen. Zuschüsse aus diesem Topf seien zwar dennoch
möglich, bislang aber nur bei Kur- und Erholungsorten gewährt worden. Zudem war das Gemeindeoberhaupt
skeptisch, ob das Ergebnis des Fördervereins, das 100 Prozent unter dem der Vedewa liegt, so
letztendlich haltbar ist. Gewissheit, wie seriös die Zahlen sind, bringt erst die Detailplanung."
Abgespeckte Version
Wegen der Unwägbarkeiten des FV-Voschlages brachte Bürgermeister Haas eine andere Variante ins Spiel.
Er plädierte für eine abgespeckte Version, um das Schwimmbad auch in den nächsten Jahren noch öffnen
zu können. Sie hätte sich nicht streng an die DIN gehalten und die lediglich mit 330 000 Mark zu Buche
geschlagen. Diese ,,kleine Lösung" sah nur eine Sanierung der Filteranlage, Pumpen, Elektrik sowie
Verbesserungen im Becken, aber kein neues Becken, vor. Diese Art der Sanierung setze voraus, dass der
Förderverein grundsätzlich bereit ist, das Bad in Eigenregie zu betreiben. Dabei sollte sichergestellt
werden, dass nach der Ubernahme die Geldmittel für die Unterhaltung des Bades in der bisherigen Höhe
zur Verfügung gestellt werden. Haas sah darin in erster Linie die Verbrauchsmaterialien Strom, Wasser
und Chemie, so das Gemeindeoberhaupt. Eine genaue Regelung sollte zwischen Gemeinde und Förderverein
vor Beginn der Sanierung noch getroffen werden.
Generelle Ablehnung
Zwei Gedanken- und Planspiele, die dem Förderverein berechtigte Hoffnungen auf ein Fortbestehen des Bades
machten. Doch der Schein trog. Die Feldarbeit sowohl von Förderverein als auch von Bürgermeister und
Verwaltung wären vergebene Liebesmüh Das Gros des Gemeinderates wollte das Thema endgültig vom Tisch
haben und zwar ohne ein Hintertürchen offen zu lassen. Dies wurde deutlich als Klaus Henrich zur
Generalabrechnung antrat und das Zahlenwerk des Fördervereins zerpflückte. ,,Bei der Kostenschätzung
ist noch kein Kanal drin und eine Wasserleitung muss auch noch gelegt werden", meinte er. Und damit nicht
genug. Bei dem Gelände müsse man mit weiteren Erschwernissen rechnen, die die Kosten nach oben schnellen
lassen würden. Zudem sind ihm die laufenden Kosten ein Dorn im Auge, die die Gemeindekasse jährlich mit
rund 50 000 Mark belasten. ,,Bei einer Öffnungszeit von rund 90 Tagen im Jahr und rund 2000 bis 2500
Besuchern insgesamt sind mit die Kosten schlichtweg zu hoch", stellte Henrich fest. Zwar räumte er ein,
dass der Förderverein großes Engagement gezeigt habe, aber nur 15 Prozent der Bürger Ahorns dort Mitglied
seien. Er habe auch eine Verpflichtung den anderen 85 Prozent gegenüber und deshalb könne er solchen
Ausgaben nicht zustimmen. ,,Wir müssen uns deshalb fragen, ob der Gemeinderat grundsätzlich bereit ist,
das Freibad zu sanieren", stellte er den Antrag, von der Maßnahme gänzlich die Finger zu lassen.
Harald Kaibel schlug in die gleiche Kerbe. ,,Ich glaube nicht, dass wir die Zahlen vom Förderverein
halten können und wo beginnen wir dann zu streichen?", fragte er. ,,Stellen wir den Ausbäu der
Ortsdurchfahrt in Buch zehn Jahre zurück?" Den Vorschlag griff Peter Kernwein sofort auf, um ihn
leich in Richtung Eubigheim zurückzuspielen. ,,Damit könnte ich leben, wir haben so lange gewartet,
da tun noch ein paar Jahre auch nicht weh", meinte er und stellte gleichzeitig ein anderes Streichobjekt
zur Diskussion. ,,Für das Landsessanierungsprogramm in Eubigheim sind bereits 100 000 Mark im Haushalt
veranschlagt, obgleich der Bürgermeister von zwei bis drei Warteschleifen ausgeht, bis Eubigheim
aufgenommen wird." Dieses Geld könnte man für das Freibad in Buch verwenden. Diesem Vorschlag
erteilte Roland Englert eine klare Absage: ,,Das könnte ich in Eubigheim nicht vertreten."
Birgit Hafner schlug vor, eine Bürgerbefragung solle eine endgültige Entscheidung bringen. Dieser
Vorschlag fiel auf keine Gegenliebe. Besonders Peter Kemwein sah dessen Notwendigkeit nicht ein:
"Zum einen fehlt es an Zeit, die Förderanträge hätten bis zum 1. Februar eingereicht werden müssen,
zum anderen müssen wir dann alle Vorhaben, die teurer als 400 000 Mark sind per Bürgerentscheid absegnen
lassen."
Die Abstimmung
Zur Abstimmung standen letztendlich.die Variante der Verwaltung, die Version des Fördervereins sowie
der Antrag von.Klaus Henrich, generell von einer Sanierung abzusehen. Und nun kam es zu einem der
kuriosesten Vorgänge, die seit langem im Gemeinderat vonstatten gingen. Klaus Häffner stellte den Antrag
auf geheime Abstimmung, weil Ratsmitglieder' die gegen das Freibad stimmten, mit persönlichen Anfeindungen
zu rechnen hätten. So weit, so gut. Die Beweggründe von Häffner waren durchaus nachvollziehbar, wenn sie
auch nicht unbedingt von großem Rückgrat zeugten. Deshalb stellte er auch heraus, Es geht; dabei nicht um
mich, ich könnte auch öffentlich abstimmen", stellte er den selbstlosen Charakter seines Antrages heraus.
Um diesem Statement Nachdruck zu verleihen, stimmte er gegen seinen eigenen Antrag. So mancher verstand die
Welt nicht mehr.
Zunächst stand die Version des Fördervereins zur Abstimmung an. Nur vier Ratsmitglieder stimmten dafür,
neun votierten gegen die 1,1 Millionen-Mark-Sanierung. Eine Stimme war ungültig. Es war nicht zu
erkennen, ob der Buchstabe auf dem Stimmzettel ein J oder ein N war. Danach war Klaus Henrichs Antrag
an der Reihe. Neun Bürgervertreter stimmten gegen eine Sanierung, gleich welcher Form. Fünf sprachen sich
grundsätzlich dafür aus.
Reaktionen
Die Reaktionen der Bürger waren geteilt. Während ein Bürger meinte, seine Kinder und ihre Freunde
würden sowieso nach Boxberg gehen, drückten andere ihre Empörung über die Entscheidung aus.,, Jetzt braucht
niemand aus dem Gremium mehr das Wort Fremdenverkehr in den Mund zu nehmen, denn das Freibad wäre für
dessen.Belebung und Förderung unbedingt notwendig gewesen", meinte Heinrich Dosch. Zudem verlangte,
dass die Verwaltung prüfen solle, ob Klaus Henrich befangen ist und deshalb nicht mit hätte abstimmen
dürfen. Rolf Ritter, Vorsitzender des Fördervereins, verwunderte die generelle Ablehnung ebenfalls.
,,In Eubigheim werden mit dem Landessanierungsprogramm rund jährlich 100 000 Mark aus der Gemeindekasse
private Grundstücks- und Hausbesitzer unterstützt und beim Schwimmbad Ahorn wird die gleiche Summe für
eine öffentliche Einrichtung verweigert", kritiserte er.
Noch drastischer drückte sich Gemeinderätin Uta Lauber aus. Sie sah die Konsequenzen der Entscheidung
sehr negativ stellte eine düstere Prognose: "Das Schwimmbad wird zum Politikum"
hut
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